Im Eishockey sind wir harte Rivalen, politisch tickt die Wirtschaftsmetropole oft ganz anders als die Zentralschweiz und so richtig warm mit den Zwingli-Reformern wurden wir ja ehrlich gesagt trotz Kappeler Milchsuppe nicht. Trotzdem haben wir uns gut mit unseren nördlichen Nachbarn arrangiert. Wir arbeiten und studieren in Zürich, wir schätzen die Nähe zum Flughafen und geniessen das grosse Angebot von Kultur und Freizeit sowie das Nachtleben in der Limmatstadt.

Ein wenig bekanntes Jahrhundertprojekt

Was in der breiten Bevölkerung noch wenig bekannt ist: Mit dem vom Bund beschlossenen Bahnausbau 2035 und dem damit einhergehenden neuen Zimmerbergtunnel (von Baar direkt an den Zürcher HB) rücken wir noch näher an die Grossstadt heran. Mit der neuen ÖV-Verbindung werden wir aus Zug in weniger als 15 Minuten am Hauptbahnhof sein und es wird mindestens 4 bis 5 Verbindungen pro Stunde geben.

Auch für den Ennetsee, das Rontal und die Stadt Luzern wird sich die Fahrtzeit nach Zürich nochmals stark verkürzen. Mit einem allfälligen Luzerner Tiefbahnhof dann gleich nochmals. Über die Bauphase ist noch wenig bekannt, ausser dass der ganze Ausbruch auf Zuger Seite deponiert werden soll und dadurch die Bevölkerung und die lokal ansässigen Landwirtschaftsbetriebe in Baar (Deinikon) stark eingeschränkt und sogar ihre Existenzen bedroht sein werden.

Kanton Zug als Wohnort noch attraktiver

Mit der verkürzten Reisezeit wird die Reise mit dem öffentlichen Verkehr ab 2035 noch attraktiver. So rechnet man bei den SBB zum Beispiel für den Bahnhof Baar fast mit einer Verdoppelung der Pendlerströme. Die Auswirkungen werden auch in den weiteren Zuger Bahnhöfen markant sein. Für viele Pendler aus den umliegenden Kantonen, wie etwa aus dem angrenzenden Knonaueramt, wird der Weg via Baar / Zug nach Zürich zukünftig schneller sein.

Es wäre jedoch zu kurz gedacht, wenn sich die Diskussion über Chancen und Risiken nur um die Umsteigekapazitäten an den Bahnhöfen drehen würde. Mit seinem tiefen Steuersatz und der hohen Lebensqualität wird der Kanton Zug als potenzieller Wohnort noch attraktiver werden. Damit steigt erneut der Druck auf unsere Naherholungsräume und insbesondere das Wohnraumangebot.

Politik muss aus Dornröschenschlaf erwachen

An der letzten Kantonsratssitzung wurde im Schatten von anderen Traktanden eine Interpellation zum Bauprojekt Zimmerbergtunnel vonseiten der Regierung beantwortet. Die Stellungnahmen der Parteien haben praktisch unisono gezeigt, dass man nicht zufrieden ist mit dem aktuellen Engagement der Zuger Regierung in dieser Sache. Die Zuger Politik auf kantonaler und kommunaler Ebene muss aus dem Dornröschenschlaf erwachen. Der Zimmerbergtunnel ist eine enorme Chance für die hiesige Bevölkerung und auch für die Wirtschaft. Die nähere Anbindung an Zürich wird aber unweigerlich Auswirkungen auf unseren Alltag haben.

Und damit meine ich nicht, dass zukünftig noch mehr ZSC-Spieler mit einem Klubwechsel zum Schweizer Meister im Eishockey liebäugeln. Es braucht nun klare Vorstellungen, wie zum Beispiel die Zuger Bahnhöfe zu attraktiven ÖV-Hubs umgestaltet werden können. Auch die Frage, wie die Pendlerinnen an die Bahnhöfe gelangen, ist von zentraler Bedeutung. Aus Platzgründen muss dabei die Feinverteilung mit Bus, Velo und zu Fuss im Zentrum stehen. Das bedingt umgestaltete oder neue Busterminals, mehr überdachte Veloabstellplätze, autofreie Bahnhofsplätze etc.

Neue Möglichkeiten, nicht nur für Baar und Zug

Die verkürzte Reisezeit nach Zürich bringt auch verkehrstechnische Chancen für jene Gemeinden, die nicht an die Bahnlinie angeschlossen sind. Dabei denke ich an die Zuger Berggemeinden. Es ist an der Zeit, auch im Kanton Zug über neue Jahrhundertprojekte laut nachzudenken. Wieso keine direkte Schnellbahn vom Bahnhof Baar oder Zug direkt ins Ägerital?

Für mich ist klar, dass der Bahnausbau 2035 für den Kanton Zug und die Zentralschweiz eine grosse Chance ist. Die betroffene Bevölkerung wie auch die Landwirtschaftsbetriebe müssen jedoch während der Bauphase unterstützt werden. Wir alle wissen, dass wir in Zukunft noch stärker auf eine klimafreundliche Mobilität setzen müssen. Mit dem neuen Zimmerbergtunnel werden die überregionalen Weichen dazu gestellt. Nun gilt es aber bei uns im Kanton und in den Gemeinden das Potenzial richtig zu analysieren und die neuen Möglichkeiten am Schopf zu packen.

Hinweis: Dieser Text ist am 9. März 2023 im Polit-Blog von zentralplus erschienen.

Bild: Kajetan Sumila auf Unsplash