Bezahlt jemand die Krankenkassenprämien nicht, folgen Mahnungen, Betreibungen und allenfalls eine Lohnpfändung. Die Kantone Zug, Luzern, Aargau, Tessin und Thurgau führen zusätzlich eine schwarze Liste von säumigen Prämienzahlenden. Wer auf dieser Liste landet, erhält nur noch Notfallbehandlungen. Damit soll der Druck erhöht werden, die Prämien rechtzeitig zu bezahlen.

Rund zehn Jahre nach der Einführung zeigt sich, dass die Idee der schwarzen Listen gescheitert ist. Studien und Erfahrungen belegen, dass Kantone mit einer schwarzen Liste keine tieferen Prämienausstände haben als jene ohne. Die Kantone Graubünden, Solothurn, St. Gallen und Schaffhausen haben dies erkannt und die Listen wieder abgeschafft, da sie nur Kosten, aber keinen Nutzen bringen.

Auch Zuger Gemeinden sehen den Nutzen nicht

Im Kanton Luzern sind über 4500 Personen auf dieser Liste und im Kanton Zug sind es 570 Menschen. In der Antwort auf eine Interpellation der SP zeigte der Zuger Regierungsrat 2018 auf, dass sich jährlich immer mehr Menschen auf diesen schwarzen Listen befinden.

Interessant in der regierungsrätlichen Antwort sind die Aussagen zur Einschätzung der Wirksamkeit dieser Massnahme. Während die Regierung einen Nutzen erkennen mag, sind die Zuger Gemeinden mehrheitlich skeptisch. Einerseits wegen des Aufwands, der dadurch verursacht wird und andererseits aufgrund der Sorge, dass den Menschen wichtige medizinische Leistungen verwehrt bleiben. Die Gemeinden bezweifeln auch den präventiven Charakter, den solche Listen haben sollen. Diese Erkenntnisse decken sich 1:1 mit den nationalen Studien und den Erfahrungen aus anderen Kantonen.

Kinder müssen heute Schulden übernehmen

In der aktuellen Revision, die zurzeit im nationalen Parlament auf dem Tisch liegt, geht es nicht nur um die schwarzen Listen. Sondern es sollen, wenn es nach dem Willen von Bundesrat und Ständerat geht, in Zukunft Kinder bei Erreichen der Volljährigkeit nicht mehr für die Krankenkassenschulden, die während ihrer Minderjährigkeit angehäuft wurden, verantwortlich gemacht werden. Denn heute ist es so, dass Kinder, deren Eltern die Prämien nicht bezahlt haben, die unbezahlten Krankenkassenprämien quasi als Geschenk aufgebürdet bekommen, sobald sie volljährig sind.

Ebenfalls geregelt werden soll die Anzahl Mahnungen, welche Krankenkassen beziehungsweise deren Inkasso Büros an säumige Prämienzahlende schicken dürfen. In den vergangenen Jahren häuften sich die Berichte über aggressives Vorgehen beim Eintreiben der Schulden. Leider hat es der Ständerat in der ersten Debatte am vergangenen Montag verpasst, die schwarzen Listen abzuschaffen. Nun muss der Nationalrat nachbessern, damit Menschen mit ausstehenden Prämienrechnungen in den Zentralschweizer Kantonen Zug und Luzern nicht weiterhin der Zugang zu wichtigen Behandlungen und lebensnotwendigen Medikamenten verwehrt bleibt.

Wer Schulden hat, der hat zu wenig Geld

Auf den schwarzen Listen befinden sich hauptsächlich Menschen mit tiefen Einkommen. Prämienausstände sind keine Folge von mangelnder Zahlungsmoral, sondern des sozialpolitischen Versäumnisses, die Prämienverbilligung ausreichend zu gestalten und auszubauen. Die schwarzen Listen sind Symbolpolitik, sie lenken vom wahren Problem der zu hohen Prämien ab.

Es ist zynisch das Gefühl zu haben, dass indem den Menschen die Gesundheitsversorgung eingeschränkt wird, sie auf einmal die notwendigen Mittel für die Prämien aufbringen könnten. Es muss ein gesamtgesellschaftliches und volkswirtschaftliches Ziel sein, dass alle Menschen in der Schweiz eine Krankenversicherung haben und das allen die finanziellen Mittel zum Bezahlen dieser Versicherung, zur Verfügung stehen.

Dass die beiden Zentralschweizer Kantone Zug und Luzern sich auch im Vorfeld der nationalen Debatte weiterhin für die schwarzen Listen eingesetzt haben, hinterlässt einen faden Beigeschmack. Ich hoffe zum Wohle aller Betroffenen, dass das eidgenössische Parlament diesen unmenschlichen Listen endlich einen Riegel schiebt.

Hinweis: Dieser Text ist am 10. Juni 2021 im Polit-Blog von zentralplus erschienen.